Über 35.000 Fahrten bis Dezember 2024 gestrichen: Die Fahrplankürzungen vom 14. April 2024 analysiert

Am 02. April 2024 hat die ESWE Verkehr veröffentlicht, wie sich der Nahverkehr in Wiesbaden durch die Sparzwänge verändern wird. Wir wollen euch hier genau darstellen, was sich verändert.

Grundideen

Die zwei zugrundeliegenden Ideen sind recht simpel:

1. Der Zeitraum, zu dem das Nachtnetz, also die Nightliner fahren, wird an allen Tagen ausgeweitet. Statt wie bisher um 0:30 Uhr fahren die ersten Nightliner bereits gegen 23:00 Uhr aus der Innenstadt heraus. Das normale Tagnetz wird dafür um etwa die gleiche Uhrzeit beendet.
2. Sonntags wird konsequenz auf allen Linien tagsüber ein 30-Minuten-Takt gefahren (mit Ausnahme der Linie 6).

Konsequenzen der Grundideen

Was simpel klingt, hat zwei drastische Konsequenzen für die Zeit nach etwa 23.00 Uhr:

1. Von den Stadtteilen in die Innenstadt kommt man nur noch auf telefonische Voranmeldung. Grund dafür ist, dass die Nightliner nur geplante Fahrten aus der Innenstadt in die Vororte haben. Fahrten aus den Vororten in die Innenstadt müssen telefonisch angefordert werden.
2. Es gibt wesentlich weniger Fahrten aus der Innenstadt raus in die Stadtteile.

Die Nightliner-Fahrten ersetzen zwar die Fahrten der Tag-Buslinien um etwa 23:00 Uhr aus der Innenstadt, jedoch mit teilweise deutlich längeren Fahrzeiten. Die bisherigen Abfahrten nach 23:00 Uhr bis 0:30 Uhr entfallen aber ersatzlos. Für Menschen, die spätabends oder nachts aus den Stadtteilen in die Innenstadt wollen, sind die entsprechenden Nightliner-Fahrten definitiv kein Ersatz.

Ab dem 14. April 2024 fährt bereits um etwa 23:00 Uhr die erste Nightliner-Fahrt. Die zweite Nightliner-Fahrt ist weiterhin um etwa 0:30 Uhr. Dazwischen fahren quasi keine weiteren Busse. Den Nachtliniennetzplan gibt es hier: Nachtliniennetzplan (PDF).

Für die Sonntage wird sich der durchgehende 30-Minuten-Takt vor allem in den Stadtteilen bemerkbar machen, die bisher einen kürzeren Takt auf den entsprechenden Linien hatten. Das betrifft die Stadtteile Biebrich, Dotzheim, Frauenstein, Gräselberg, Schierstein, Sonnenberg sowie die Gebiete rund um die Taunusstraße, den Geisberg sowie die Waldstraße.

Wie viele Fahrten entfallen?

Viele. ESWE Verkehr hat im Zeitraum zwischen etwa 23:00 Uhr und 0:30 Uhr nämlich noch einen recht dichten Takt gefahren. Außerdem gab es auf einigen Linien sonntags einen 15- oder einen 20-Minuten-Takt.

Wir haben alle Fahrplantabellen miteinander verglichen und gezählt. Für eine normale Woche erhalten wir folgendes Ergebnis:

In einer normalen Woche finden also 1.014 Fahrten weniger statt. 256 Fahrten fahren nicht mehr die gesamte Strecke wie bisher. Zwischen dem 14. April bis zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember sind es 35 Wochen. Das bedeutet an ungefähren Fahrteneinsparungen:

Es werden also 35.490 Fahrten bis zum nächsten Fahrplanwechsel gestrichen. Dem gegenüber stehen folgende Mehrfahrten bei den Nightlinern:

Das bedeutet, dass es bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 insgesamt 30.450 Fahrten weniger geben wird.

Auswirkungen auf den Fahrplan

In den folgenden Tabellen seht ihr für jede Linie, wie viele Fahrten entfallen bzw. verkürzt werden. Beim Klick auf die Liniennummern in der linken Spalte öffnet sich die jeweilige Fahrplantabelle. Rot markierte Fahrten werden gestrichen oder verkürzt. Blau markierte Fahrten werden verändert (z.B. verschoben).

Warum sind 6, 9, 28, 33 und 39 von den Änderungen ausgenommen?

Das hat unterschiedliche Gründe:

Linie 6 ist Teil des Nachtnetzes. Sie fuhr auch früher schon mit den Nightlinern zusammen. Außerdem ist sie wichtig und gut nachgefragt, auch nach 23:00 Uhr.

Linie 9 hat kein Nightliner-Gegenstück, das auch nur in Ansätzen die gleiche Strecke fährt, weil es eine Tangentiallinie ist.

Linie 28 endet ohnehin recht früh und hat ab etwa 21:00 nur noch einzelne Zubringerfahrten zwischen Domäne Mechthildshausen und Egerstraße. Daher gab es hier schlicht wenig bis nichts zum Kürzen.

Linie 33 ändert sich! Die Aussage aus der Pressemitteilung ist hier falsch. Es entfällt 1 Fahrt aus Kostheim Richtung Wiesbaden und 1 Fahrt von der Fasanerie wird verkürzt.

Linie 39 ist ebenfalls eine Tangentiallinie. Außerdem dürfte hier der Subunternehmer-Vertrag eine Rolle spielen. Die ESWE Verkehr bezahlt den Subunternehmer vermutlich für eine gewisse Kilometerleistung. Wenn jetzt Fahrten auf der Linie 39 gestrichen würden, müsste die ESWE Verkehr die Kilometer trotzdem bezahlen.

Warum wird überhaupt gekürzt?

Die ESWE Verkehr muss sparen. Die Kooperation aus Grünen, SPD, Linke und Volt hat dies in den letzten Haushaltsverhandlungen entschieden, weil die Stadt generell sparen muss.

Wie geht es weiter?

Die Fahrplankürzungen treten am 14. April 2024 erstmal in Kraft. Es ist zu erwarten, dass es in den ersten Tagen und Wochen viel Presse rund um die Kürzungen geben wird. Auch die umliegenden Gemeinden werden sich vermutlich zu Wort melden. Beispielsweise ist die Gemeinde Niedernhausen von den Kürzungen auf der Linie 22 betroffen.

Wir von Wiesbaden neu bewegen e.V. werden uns vehement dafür einsetzen, dass die ESWE Verkehr wieder mit so viel Finanzmitteln ausgestattet wird, damit diese Kürzungen spätestens zum Dezember 2024 zurückgenommen werden und wir wieder zum Normalfahrplan zurückkehren.