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Superblock-Reihe – (2) – Unser Konzept für Wiesbaden

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Im Teil 1 unserer Superblock-Reihe haben wir den Begriff “Superblock” definiert und gezeigt, wie es anderswo geht bzw. aussieht.

Im vorliegenden zweiten Teil benennen wir nun Gründe, warum auch Wiesbaden Superblöcke gut zu Gesicht stehen würden. Vor allem aber möchten wir euch unsere Gedanken und Ideen zeigen. Wir haben Prämissen definiert und letztlich einen Stufenplan entwickelt. Denn wir wollen nicht, dass sich erst in 10+ Jahren erste Veränderungen zeigen. Die Klima- wie die Verkehrswende sind notwendig und erfordern schnellere Maßnahmen.

Gründe zum Handeln in Wiesbaden

Wiesbaden hat ähnliche, teils noch krassere Probleme mit dem Durchgangsverkehr, wie etwa Darmstadt oder Barcelona. Dies betrifft die Stadt als Ganzes (vom Taunus und Rheingau kommend) ebenso wie Wohnquartiere.

Aber Wiesbaden verfügt auch über einige Wohngebiete, die sich gerade wegen ihres kurstädtischen Charmes im architektonischen Stil des Historismus idealtypisch für ein Superblock-Modell anbieten würden. Das Stadtzentrum ist umsäumt von Wohngebieten mit einem dichten Altbaubestand. Auf den Hauptstraßen ist eine durchwegs hohe Verkehrsbelastung zu verzeichnen, die häufig auch zu Ausweich- und Schleichverkehren durch die Wohngebiete führt, namentlich im Rheingau- oder Dichterviertel. In den Innenstadtquartieren besteht zugleich ein akuter Mangel an Park- und Grünflächen zur Naherholung, der durch sehr dichte Bebauung (Hinterhäuser statt Hintergärten) und beengte Wohnverhältnisse (teils kleine Wohnungen, keine Balkone oder Terrassen) in diesen Quartieren verstärkt wird. Parkende Autos (die meiste Zeit ungenutzt herumstehend) blockieren wertvollen Straßen-/Lebensraum und verschandeln das Straßenbild.

Es gibt also mehr als genug Gründe zu handeln. Das Konzept der Superblocks ist ein Werkzeug, um manche dieser Probleme anzugehen.

Unser Konzept: 1) Prämissen

Wiesbaden neu bewegen e.V. hat sich daher eigene Gedanken gemacht und ein Stufen-Konzept zur Umsetzung der Superblock-Konzepte erarbeitet, das wir im Folgenden vorstellen wollen.

Disclaimer: Wir sind ein gemeinnütziger Verein engagierter Bürger:Innen und Organisationen aus Wiesbaden und Umgebung. Wir sind auf das ehrenamtliche Engagement unserer Mitglieder angewiesen. Weder können noch wollen wir die Expertise und die Arbeit von städtischen Dezernaten, ESWE Verkehr und professionellen Planern ersetzen. Wir können und wollen aber bestehende Zustände und Vorhaben hinterfragen, (durchaus ambitionierte) Ideen und Konzepte erstellen, und in die entsprechenden Kanäle leiten, um beim Thema Verkehrs- und Klimawende spürbare Veränderungen in Wiesbaden einzufordern.

Wiesbaden neu bewegen e.V. hat für das Projekt Superblock und die im Folgenden weiter erläuterten Schritte die folgenden Leitsätze erarbeitet:

  1. Bestehende Hauptverkehrsstraßen bleiben unangetastet
  2. Superblockviertel sollten von Hauptstraßen umgeben sein, idealerweise mit ÖPNV Anbindung
  3. Es soll nicht bloß ein Wunschendzustand erarbeitet werden, sondern ein Stufenplan, der praktikabel ist und schnell erste Umsetzungen/Erfolge möglich macht
  4. Durchgangsverkehre unmöglich machen: Dies ist ein Grundgedanke der Superblock-Idee. Aus einer Richtung in ein Wohngebiet einfahrendem Kraftverkehr soll die Ausfahrt nur dorthin möglich sein
  5. (Bis auf wenige Ausnahmen) Umstellung auf Einbahnstraßen (für Kraftverkehr) in den Superblöcken: für mehr Sicherheit und für Platzgewinn
  6. Veränderung der Fahrtrichtungen von (bestehenden wie neuen) Einbahnstraßen (als Hilfsmittel zur Verhinderung von Durchgangsverkehren)
  7. Nutzung auch von Pollern/Barrieren, um Fahrräder und Fußgänger weiter durch zu lassen, aber Kraftverkehr bestimmte Fahrtwege zu versagen

Unser Konzept: 2) Definition von Arealen mit Potential für Superblocks

Basierend auf den unter Punkt 1) genannten Grundsätzen haben wir uns den Stadtplan der Wiesbadener Innenstadt angesehen und zunächst einmal ganz abstrakt, ohne Detailprüfung überlegt, wo Superblock-Areale sinnig und vor allem umsetzbar wären. Dabei kam die folgende Karte heraus:

Diese Karte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch außerhalb des Stadtkerns, zum Beispiel in Biebrich, haben wir bei der Betrachtung des Stadtplans bereits Areale identifiziert, die ebenfalls Potential hätten.

Unser Konzept: 3) Entwicklungsstufen

Wie bereits eingangs erwähnt, wollen wir nicht bloß unser Ideal bzw. einen anvisierten Endzustand skizzieren. Wir wollen nicht zehn Jahre warten, bis wir Veränderungen in Wiesbaden sehen. Daher haben wir bewusst einen Stufenplan entwickelt. Die ersten Schritte sollen dabei schnell umsetzbar sein, um erste Erfolge schnell zu sehen.

Stufen:

  • Stufe 1: Vordringliche Einrichtung von Einbahnstraßen & Veränderung der bisherigen „Fahrtrichtungen“
  • Stufe 2: Zusätzlicher Einsatz von Pollern
  • Stufe 3: „Verkehrsberuhigte Bereiche“ und/oder komplett “autofreie” Bereiche für einige Straßenabschnitte
  • Stufe 4: Endausbaustufe; analog Darmstädter Heinerblocks oder Barcelonas Superilles

Es gilt natürlich, wie sonst im Leben auch, PROs und KONTRAs, Vor- und Nachteile, Kosten etc. abzuwägen. Im Folgenden unsere Gedanken genau hierzu (fett = Punkt gilt auch für Folgestufen):

PROsCONs
Stufe 1:•Günstig in der Umsetzung (keine Baumaßnahmen, nur Schilder)
Verhindert umgehend Durchgangsverkehr
•In geringem Maße mehr Platz durch Wegfall einer Spur (bei Umwandlung in Einbahnstraßen)
Erhöht von Beginn an bereits die Verkehrssicherheit
Alle Häuser weiter erreichbar für Notdienste etc., aber auch für Anwohner mit Auto
•Ohne Poller sind Planer eingeschränkt in der Wahl der Fahrtrichtungen für Einbahnstraßen (um Durchgangsverkehre zu vermeiden)
Keine große/rasche Veränderung (im Sinne von Mehr Platz auf den Straßen o.ä.)
Stufe 2:•Immer noch relativ preisgünstig in der Umsetzung, da Poller und deren Anker/Fundament günstig
Erlaubt mehr Freiheit bei der Planung der Einbahnstraßenrichtungen
Poller verhindern Durchfahrt des Kraftverkehrs ohne Fußgänger und Radfahrer zu beschränken
•Leicht teurer als Stufe 1
Stufe 3:Deutliche Erhöhung der Verkehrssicherheit durch geringere Geschwindigkeiten
Deutlicher Platzgewinn, der direkt für Grün-/Sitz/Spielflächen genutzt werden kann
Steigerung der Attraktivität des Straßenbild
Parkplätze fallen weg
Relativ hohe Kosten v.a. für autobezogene Hilfsmaßnahmen wie Quartiersgaragen)
•Neue Vorzüge (siehe PROs) beschränkt auf wenige “privilegierte“ Straßenzüge
Stufe 4:•Alle Straßenzüge profitieren (in unterschiedlichem Maße)

Man kann bereits erkennen, dass sich Stufe 1 und 2 wenig geben. Mit nur geringem Mehraufwand kann man bei Stufe 2 bereits deutlich mehr erreichen bzw. hat deutlich mehr Gestaltungsoptionen. Dies sieht man noch besser am “lebenden Subjekt”…

Anwendung auf Wiesbaden

Das entwickelte Konzept möchten wir natürlich auch angewendet sehen. Wir haben uns bereits Gedanken gemacht und die obenan genannten Ideen am Beispiel des Rheingauviertels konkretisiert. Als nächstes planen wir, uns auch Mitte, Westend und Dichterviertel anzusehen. Hier kommt Ihr zu den separaten Artikel:

Wie geht es weiter?

Wir planen die entsprechenden Ortsbeiräte (zunächst einmal: Rheingauviertel-Hollerborn) und andere Gremien von unseren Ideen in Kenntnis zu setzen. Wir könnten uns auch Workshops vorstellen, um weiteren Input von Anwohnern einzuholen und das Konzept zu verfeinern und auf den jeweiligen Standort anzupassen.

Wir sind aber letztlich nur interessierte und engagierte Bürger. Vor allem ist uns wichtig, dass das Thema nicht aus der öffentlichen Diskussion verschwindet und wir nicht erst in 10 oder mehr Jahren Veränderungen sehen.

Weitere Teile der Artikelreihe:

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