Am 1. November jährt sich die Abstimmung über das Projekt Citybahn für Wiesbaden und sein Umland zum dritten Mal. Seit dem ablehnenden Votum herrscht effektiv Stillstand. Das Busangebot wird derzeit mit viel Geld und Mühe gerade mal an den Ausgangspunkt zurückgeführt. Blech, Staus und zugeparkte Gehwege prägen weiterhin das Bild inmitten der einstigen Kurstadtpracht.
Wie befürchtet hat sich die Verkehrspolitik festgefahren. Gerade wer damals lauthals Alternativen forderte und verkündete, hat seitdem nur Fundamentalopposition, aber keine Lösung parat. Der Verein Wiesbaden neu bewegen e.V. begrüßt ausdrücklich alle Bemühungen der Verantwortlichen um einen Kurswechsel, durch u.a.:
- Reaktivierung der Aartalbahn,
- Stärkung der Ländchesbahn,
- Test/Kauf von Doppelgelenkbussen (wenn verfügbar),
- weitere Bus-, Rad- oder Umweltspuren,
- eine komplette Neugestaltung des Busnetzes,
- Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung.
Aber der “große Wurf” ist das alles nicht. Bei wachsendem Mobilitätsbedarf ist zu befürchten, dass selbst dieser enorme Aufwand nicht den notwendigen Durchbruch bringt. „Jetzt zeigt sich in voller Dimension, welcher Schaden in den letzten 20 Jahren angerichtet wurde“, kommentiert Alexander Mehring, 1. Vorsitzender von Wiesbaden neu bewegen. “Würden heute schon Straßenbahnen fahren, könnten wesentlich mehr Passagiere umweltfreundlich, bequem, schnell und leise befördert werden – und das mit weniger Personal, an dem es überall fehlt”. Dank der Förderung durch Bund und Land wäre das sogar vergleichsweise zum Schnäppchenpreis zu haben, wohingegen leistungsfähigere Bussysteme inklusive neuer Infrastruktur ohne diese Zuschüsse die Stadt teuer zu stehen kommen werden.
Aber noch ist die Bahn (!) nicht abgefahren. Nach Ablauf der Dreijahresfrist hat die Citybahn-Abstimmung keine Bindungswirkung mehr. Die Stadt hat wieder freie Hand. “Alle Optionen gehören auf den Tisch: auch das System Straßenbahn” so Alexander Mehring, 1. Vorsitzender des Vereins Wiesbaden neu bewegen e.V.. “Wir sehen hier die Stadtpolitik in der Verantwortung.” Die (Fach-)Politiker dürfen sich nicht hinter einem vermeintlichen Volkswillen verstecken, sondern müssen sich informieren und dann selbst(bewusst) eine Entscheidung treffen und vertreten. Dafür werden sie gewählt. “Wir gehen davon aus, dass sich politische Klugheit und Weitsicht am Ende durchsetzen, orientiert an den Erfolgsmodellen anderer Städte“, so Mehring.
Der Verein fordert daher einen “verkehrspolitischer Frieden” für Wiesbaden über alle demokratischen Parteien in der Stadtpolitik hinweg. Nach dem Vorbild von Kiel sollte zurückgekehrt werden zu einer sachlichen Diskussion, Abstandnahme von Populismus und Wahlkampfmache mit dem Thema Verkehrspolitik und eine letztlich gemeinsame demokratische Entscheidung im Rahmen der Stadtverordneten- versammlung vereinbart werden.
Wir unterstützen hierbei eine ergebnisoffene Analyse und sehen hier den Prozessablauf in Kiel als positives Beispiel. Wiesbaden neu bewegen e.V. wird das objektiv beste (ÖPNV-) Ergebnis für Wiesbaden unterstützen. Bis dahin sollte das derzeit (im Rahmen des Nahverkehrsplans) in Arbeit befindliche neue Busnetz zügig umgesetzt werden. Finanzielle Kürzungen für den ÖPNV im Rahmen der Haushaltsverhandlungen wären in dieser verfahrenen Lage definitiv das falsche Signal.
Über Wiesbaden neu bewegen e.V.:
Der Verein Wiesbaden neu bewegen e.V. ging im Frühjahr 2021 aus dem Verein Bürger Pro CityBahn Wiesbaden e.V. hervor. Hier engagieren sich Menschen aus Wiesbaden und Umgebung für die Verkehrswende und einen nachhaltigen Ausbau des Fuß-, Rad- sowie besonders des öffentlichen Nahverkehrs in unserer Stadt und der Region.