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Der steigende Finanzbedarf der ESWE Verkehr

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ESWE Verkehr fährt seit dem 14. April 2024 einen gekürzten Fahrplan. Wir haben die Kürzungen bereits in zwei Beiträgen analysiert.

Außerdem haben wir eine Petition gestartet. Das Ziel ist, dass die Stadtpolitik der ESWE Verkehr mehr Geld zur Verfügung stellt, damit der Normalfahrplan wiederhergestellt werden kann.

In diesem Artikel geht es um das Geld: Wie viel Geld braucht die ESWE Verkehr mehr?

Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs

Öffentlicher Nahverkehr ist nicht kostendeckend. Das bedeutet, dass die Ticketverkäufe allein nicht die entstehenden Kosten alleine decken kann. Was das für die ESWE Verkehr bedeutet, lässt sich am Geschäftsbericht ablesen. Der letzte ist aus dem Jahr 2022:

Der öffentliche Nahverkehr hat daher zwei Finanzquellen: Ticketverkäufe und Zuschüsse. Es gibt noch weitere Einnahmenquellen wie der Verkauf von Werbeflächen, die jedoch wesentlich kleiner sind. Die Erlöse decken aber bei weitem nicht die Gesamtaufwendungen ab. Dort kommen dann die städtischen Zuschüsse ins Spiel.

Das bedeutet, dass der ESWE Verkehr dann größere Finanzmittel zur Verfügung stehen, wenn die Gewinne aus Ticketverkäufen und/oder der Zuschussbetrag erhöht werden.

Erlösstruktur aus dem Geschäftsbericht 2022, Quelle: [1]

Aufwandstruktur aus dem Geschäftsbericht 2022, Quelle: [1]

Auf der Ausgabenseite stehen: Personalkosten, Betriebskosten, Abschreibungen und andere Aufwendungen. Die Personalkosten, also vor allem Löhne und Lohnnebenkosten, sind der mit deutlichem Abstand teuerste Posten. Die Betriebskosten (u.a. Treibstoff- und Materialkosten) fallen hingegen geringer ins Gewicht. Auch das wird aus dem Geschäftsbericht 2022 deutlich.

Um die schwierige Situation zu verstehen, werfen wir einen genaueren Blick auf die beiden Hauptausgaben Personalkosten und Betriebskosten und deren Entwicklung für das Jahr 2025.

Personalkosten

Das Hauptproblem in der aktuellen Situation sind die Personalkosten. Die Tarifsteigerungen, so sinnvoll und notwendig sie sind, um den Beruf Busfahrer:in attraktiver zu machen, werden für die Kommunen immer schwieriger zu finanzieren.

Aktuell gibt es wieder Tarifverhandlungen und Streiks im öffentlichen Nahverkehr in Hessen. In einem Artikel der FAZ sagte Silas Gottwald, mobilitätspolitischer Sprecher der SPD-Rathausfraktion in Wiesbaden: “Womöglich werden es fünf bis sieben Millionen pro Jahr sein.” [2] Diese kämen dann auf der Ausgabenseite natürlich hinzu.

Betriebskosten

Auch wenn die Betriebskosten, im Geschäftsbereich als Materialaufwand geführt, bei weitem nicht so hoch sind wie die Personalkosten, so spielen sie auch eine Rolle. Die hohe Inflation der letzten Jahre ist zwar im Grunde weitestgehend schon eingepreist, weil die sich schon auf Preise für Treibstoff etc. ausgewirkt hat.

Doch ist das aus wirtschafts- und geldpolitischen Gründen erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank eine Inflation von 2 Prozent.[3] Das bedeutet, dass jedes Jahr Waren und Güter um etwa 2 Prozent teurer werden würden.

Das bedeutet, dass auch in diesem Zielszenario die Materialkosten steigen, um dasselbe Material kaufen zu können.

Wie viel teurer wird der ÖPNV in Wiesbaden in 2025?

Das lässt sich nicht 100% sagen. Aber wir können dafür ein Gefühl bekommen, indem wir die Preissteigerungen bei den Personal- und den Betriebskosten mal mit Zahlen versehen. Die genaue Beispielrechnung dazu findet ihr in der aufklappbaren Box unten.

Silas Gottwald ging von um 5 bis 7 Millionen € höheren Personalkosten aus. Wenn wir die untere Grenze ansetzen, also 5 Millionen €, ergibt sich ein geschätzter Mehrbedarf von ca. 7 Millionen €. Dieser verändert sich entsprechend, wenn die obere Grenze angesetzt wird.

Wichtig ist zu sagen, dass hiermit nur der aktuelle, gekürzte Fahrplan finanzierbar wäre. Eine (auch nur teilweise) Rückkehr zum Normalfahrplan würde den Finanzbedarf entsprechend steigern. An dieser Stelle muss auch gesagt werden, dass es sich hierbei nur um eine grobe Schätzung handelt. Sie taugt aber sehr wohl als Indiz dafür, was aktuell auf dem Spiel steht.

Ihr findet hier eine Beispielrechnung, die das Thema mit vielen Zahlen detaillierter ausrollt.

Beispielrechnung für 2025

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel teurer es in 2025 werden kann, machen wir eine Beispielrechnung. Wir verwenden hierfür die Zahlen aus dem Haushaltsplan 2023 für das Jahr 2024. Grund ist, dass der Haushaltsplan 2024 noch nicht auf der Homepage der Stadt Wiesbaden ist. Dort stehen folgende Zahlen:

  • Personalaufwand: 74.323.000 €
  • Materialaufwand: 14.715.000 € (Quelle: [4])

Auf diese Zahlen schlagen wir 5 Millionen € bei den Personalkosten auf, so wie Silas Gottwald es als untere Grenze vermutet. Bei den Materialkosten setzen wir 2% Inflation an. Bei den Abschreibungen und den übrigen betrieblichen Aufwendungen nutzen wir die Zahlen aus Haushaltsplan 2023 für den Betrag für 2025. Das ergibt dann:

HaushaltspostenHaushaltsplan 2024SteigerungBetrag für 2025
Personalaufwand74.323.000 €+ 5.000.000 €
(Wert von Silas Gottwald)
79.323.000 €
Materialaufwand14.715.000 €+ 294.300 €
(2% Inflation)
15.009.300 €
Abschreibungen19.355.000 €+ 1.816.000 €
(aus Haushaltsplan 2023)
21.171.000 €
Übrige betriebliche Aufwendungen 15.899.000 €– 48.000 €
(aus Haushaltsplan 2023)
15.851.000 €
Summe124.292.000 €7.062.300 €
(5,68 %)
131.354.300 €

Es würde also einer Steigerung der Aufwendungen um knapp über 7 Millionen € (5,68%) bedeuten. Wie gesagt, es sind nicht die Zahlen aus dem Haushaltsplan 2024. Somit kann diese Rechnung nur als Indiz herhalten. Setzen wir das nun in Vergleich mit den Zahlen aus dem Haushaltsplan 2023 für das Jahr 2025 und nehmen auch die geplanten Erlöse hinzu, zeigt sich:

Jeweilige Summe der…20242025Steigerung
Erlöse
(laut Haushaltsplan 2023)
68.103.000 €68.669.000 €566.000 €
(0,83 %)
Aufwendungen
(laut Haushaltsplan 2023)
124.292.000 €129.752.000 €5.460.000 €
(4,39 %)
Aufwendungen
(laut obiger Rechnung)
124.292.000 €131.354.300 €7.062.300 €
(5,68 %)

Die geplanten Erlöse steigen bei weitem nicht um den Betrag, wie die Aufwendungen steigen – weder nach der Rechnung des Haushaltsplans 2023 noch nach unserer Rechnung von oben. Das bedeutet, dass die Stadt den Zuschuss entsprechend deutlich erhöhen muss, um das Fahrplanangebot aufrechtzuerhalten.

Wie geht es weiter?

Daher setzen wir vehement dafür ein, dass die ESWE Verkehr mehr Geld bekommt. Wiesbaden braucht einen guten, zuverlässigen Nahverkehr.

Deshalb: bitte unterschreibe die Petition:


Quellen

[1] ESWE Verkehr: Geschäftsbericht 2022, https://www.eswe-verkehr.de/fileadmin/themen/geschaeftsbericht/ESWE_Verkehr_Geschaeftsbericht_2022.pdf

[2] FAZ: Millionenbelastung für Eswe durch Tarifabschluss, https://zeitung.faz.net/faz/rhein-main/2024-04-25/28d0bc58ff816f4057799725712b7d70/?GEPC=s9 (Stand: 09. Mai 2024)

[3] Europäische Zentralbank: Geldpolitik, https://www.ecb.europa.eu/ecb/orga/tasks/monpol/html/index.de.html (Stand: 09. Mai 2024)

[4] Stadt Wiesbaden: Haushaltsplan 2023, https://www.wiesbaden.de/medien-zentral/dok/rathaus/2023-05-02_Haushalt-2022-2023_Online-Exemplar.pdf

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