Am Sonntag, 3.Juli 2022, findet nach der pandemiebedingten Verschiebung der schon länger geplante Superblocksonntag in Wiesbaden statt. Was hat es damit auf sich? Wozu wird dieser Aufwand betrieben? Und: Gibt es dafür Beispiele aus anderen Städten?
Was steckt hinter dem Konzept “Superblock”?
Der Name geht auf ein faszinierendes Projekt zur Verkehrsberuhigung zurück. Die Idee stammt aus Barcelona und wird mittlerweile von vielen Städten, auch in Deutschland, kopiert: Häuserblocks mit mehreren Straßenzügen werden mit Pollern oder Blumenkübeln für den Durchgangsverkehr gesperrt, nur Anwohner und Lieferanten gelangen mit geringer Geschwindigkeit motorisiert an ihr Ziel. Die Fläche für Autos schrumpft, stattdessen bekommt der Asphalt Farbe. Bäume werden aufgestellt, Picknicktische platziert und Spielflächen für Kinder geschaffen. Der Vorteil ist offensichtlich, die Menschen halten sich mehr im Freien auf und bewegen sich mehr, lernen sich in der Nachbarschaft besser kennen. Autofahrten werden signifikant eingespart, die Anzahl von Unfällen und Gefahrensituationen, aber auch die Sterblichkeitssrate generell gehen zurück (https://www.barcelona.cat/pla-superilla-barcelona/en; https://www.barcelona.de/en/barcelona-superblocks.html). Die Orte heizen sich klimatisch weniger auf.
Was passiert am 3.7.2022 in Wiesbaden?
In Wiesbaden geht der Superblocksonntag auf einen Vorschlag des Jugendparlaments zurück. Es hatte mit Mehrheit beantragt, einen Sonntag lang einige Straßen in Südost, Rheingau- und Dichterviertel komplett von Autos zu befreien, um diesen Raum frei zu machen für Aktionen, Musik, Diskussionen oder Nachbarschaftsfeste (https://de.wikipedia.org/wiki/Superblock).
Mit der Aktion soll auch das Bewusstsein geschärft werden, wie viel Platz der motorisierte Individualverkehr in den Straßen einnimmt, wie dieser Platz auch anders genutzt werden könnte und welche Effekte diese Räumung haben kann.
Gerade die schönen Altbauten, vielen Vorgärten und die Alleebäume in Wiesbaden kommen durch diese Entschleunigungsveranstaltung richtig zur Geltung. Sonst hoffnungslos zugeparkte Wohnviertel und Plätze können wieder als Orte von hoher Aufenthaltsqualität wahrgenommen werden. Vögel und Kinderstimmen sind wieder zu vernehmen, die Luft riecht nach Frühling und nicht nach Abgasen, auf Gehwegen, Straßen und Plätzen ist plötzlich wieder Freiraum für Bewohner*innen, anstelle des üblichen Hindernisparcours durch falschparkende PKW, Mülltonnen und Sperrmüll hindurch.
Aufruf: Kommt! Beteiligt euch!
Wir möchten dazu einladen, sich einzeln oder gemeinsam mit Ideen einzubringen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Biertische können mitten auf der Straße aneinander gereiht, Langstreckenrennen mit Seifenkisten veranstaltet, Ruheinseln mit mobilen Sofas und Pflanzen geschaffen werden. Es gibt Platz für Musik, Tangokurse, Spiele, kulinarische Köstlichkeiten….
Jede/r und jede Initiative haben die Möglichkeit, sich unter https://www.wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/verkehr/auto/superblock-sonntag-strasse-mit-leben-fuellen.php anzumelden.
Nur zu, es muss ein Erfolg werden, damit wir es uns lebenswerte Oasen inmitten der Blechwüste, so wie einst Fußgängerzonen und inzwischen auch das Rauchverbot in Kneipen nicht mehr aus unserer Stadt wegdenken können!!
Wenn dieser Superblocksonntag am 3. Juli als eindrucksvolle Utopie die Fantasie der Wiesbadener*innen nachhaltig beflügelt, könnte die Rückeroberung ihres öffentlichen Raums für sie zur jährlichen Gewohnheit und – wer weiß – vielleicht irgendwann auch, wie in vielen anderen Großstädten, zur dauerhaften Wirklichkeit werden.