Die Situation für Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV in Wiesbaden ist schlimmer denn je, urteilt der Verein Wiesbaden neu bewegen e.V. am zweiten Jahrestag des Citybahn-Votums.
Ausnahmezustand ohne Ende
Wegen akuten Personalmangels bei der ESWE fahren die Busse seit dem Ende der Sommerferien 2022 und noch auf unbestimmte Zeit nach reduziertem Fahrplan. „Für eine Landeshauptstadt ist das mehr als peinlich“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Vereins Wiesbaden neu bewegen e.V., Alexander Mehring. Von einem attraktiven Nahverkehr, der zum Umstieg animiere, könne keine Rede sein.
2022 zeigt sich einmal mehr sehr deutlich, warum Wiesbaden mit einem „Ja“ zur Citybahn besser gefahren wäre: Straßenbahnen fassen deutlich mehr Passagiere als Busse. Der Bedarf an Fahrpersonal ist niedriger. Das macht die Schiene robuster gegenüber Lücken im Personalplan. Wiesbaden neu bewegen e.V. hält auch deshalb weiter an der Idee einer Straßenbahn für Wiesbaden fest.
Die Argumente für eine Straßenbahn sind so stark wie eh und je:
- Fachkräftemangel: Straßenbahnen fassen deutlich mehr Fahrgäste als Busse, unabhängig von der Antriebsart – weniger Fahrpersonal nötig!
- Trockenheit im Hitzesommer: Straßenbahnen können auf Rasengleis fahren. Das sorgt für ein besseres Mikroklima und weniger Flächenversiegelung!
- Feinstaub: Straßenbahnräder sind aus Metall und verursachen weniger Abrieb als Busse mit Gummireifen.
- Umweltfreundlichkeit: Stromantrieb, ohne voluminöse Akkus direkt von der Oberleitung, verursacht keine Emissionen und keinen Lärm.
- Zukunft: Neue Wohngebiete wie das Ostfeld sind nur mit guter ÖPNV-Anbindung (insb. Tram) denkbar, andernfalls drohen noch mehr Autos und Stau in Wiesbaden und Umgebung!
- Kosten: Gleise halten länger als Busspurbeläge und sind somit auf lange Sicht kostengünstiger.
- Straßenraum: Eine Straßenbahn ist schmaler und beansprucht weniger Straßenraum als Busspuren oder ein Bus-Rapid-Transit-System.
- Lautstärke: Straßenbahnen sind, durch geringeren Rollwiderstand und elektrischen Antrieb, leiser als vergleichbare, bereifte Fahrzeuge.
- Barrierefreiheit: Straßenbahnen bieten anders als Busse für mobilitätseingeschränkte Menschen einen ebenerdigen Zutritt.
- Bequemlichkeit: Die Tram fährt gleichmäßiger, ruckelfreier und dennoch schneller als Busse.
- Historismus: Der Großteil des Stadtkerns Wiesbadens wurde im 19. Jahrhundert für bzw. mit Straßenbahn gebaut – und eben nicht fürs Auto.
Ja zur Reaktivierung der Aartalbahn!
Wiesbaden neu bewegen e.V. begrüßt, dass die Reaktivierung der Aartalbahn auf der politischen Agenda steht. Die Strecke habe das Potential, Pendlerinnen und Pendler aus dem Taunus von der Straße zu holen und damit die Überlastung des Straßennetzes in Wiesbaden zu mindern. Die Diskussion um die Reaktivierung der Strecke darf und kann nach Meinung des Vereins aber nicht die Diskussion um den Ausbau des innerstädtischen ÖPNV in Wiesbaden ersetzen.
„Leider haben sowohl Stadtverwaltung als auch Politik beim Nahverkehr in den letzten zwei Jahren versagt“, so der Vereinsvorsitzende. „Weder hielt man sich an das mit viel Input von Bürgerinnen und Bürgern entwickelte Mobilitätsleitbild, noch gibt es einen klaren Plan, wie es jetzt weitergehen soll in Wiesbaden.“ Ein sinnvolles Alternativkonzept zur Tram fehle bis heute.
Keine Denkverbote! Neuanlauf für eine Straßenbahn für Wiesbaden!
Wiesbaden neu bewegen e.V. setzt sich dafür ein, dass die Straßenbahn politisch wieder diskutiert wird. Ein neues Straßenbahnkonzept muss her, sobald dies nach Ablauf der gebotenen Frist von drei Jahren nach dem Entscheid möglich ist. Diese Frist endet 2023.
„Für uns steht heute mehr denn je fest: An einem schienengebundenen, modernen Nahverkehr führt in Wiesbaden kein Weg vorbei“, so der Verein.
Über Wiesbaden neu bewegen e.V.:
Der Verein Wiesbaden neu bewegen e.V. ging im Frühjahr 2021 aus dem Verein Bürger Pro CityBahn Wiesbaden e.V. hervor. Hier engagieren sich Menschen aus Wiesbaden und Umgebung für die Verkehrswende und einen nachhaltigen Ausbau des Fuß-, Rad- sowie öffentlichen Nahverkehrs in unserer Region.