Schaut man sich die Hauptachsen des Wiesbadener Busverkehrs an, bekommen die Begriffe “BusSPUR” und “FahrBAHN” eine neue Bedeutung. Dort wo viele Busse an den Haltestellen in der selben Spur fahren, bilden sich Rinnen und Verwerfungen im Asphalt. Die hohen Achslasten eines Busses rollen am Straßenbelag nicht spurlos vorbei. Zunächst unsichtbar ist die zermürbende Wirkung des Bus- und Lkw-Verkehrs auf die unter der Fahrbahn liegenden Kanäle und Leitungen. Wiesbadens Straßen sind durch die Konzentration des Busverkehrs auf Hauptachsen besonders vom Verschleiß betroffen. Als Besonderheit finden sich hier auf besonders stark vom Busverkehr frequentierten Abschnitten Betonfahrbahnen. Mit dem Einsatz überlanger Busse wächst die Notwendigkeit weitere Strecken zu betonieren. Auf Dauer hält aber auch Beton den hohen Belastungen nicht stand.
Straßenabnutzung durch Lkw und Bus
Bei der Entscheidung, ob eine Straße mit Asphalt, mit Beton oder mit Pflaster gestaltet wird, spielt vor allem eines eine Rolle: Die erwartete Belastung. Genauer gesagt: Die erwarteten Achslasten. Denn wie US-amerikanische Wissenschaftler schon in den 1950er Jahren herausfanden, ist die Achslast – nicht die Anzahl der Fahrzeuge – maßgeblich für die Beschädigung der Straße.
Ihr Ergebnis: Die Abnutzung des Straßenbelags nimmt mit der Achslast zu. Diese Zunahme erfolgt aber nicht proportional zum Gewicht, sondern steigt expontiell zur Achslast in der Vierten Potenz. Gegenüber einen Pkw mit 1 Tonne Gewicht (0,5 t Achslast) belastet ein Lkw oder ein Bus mit 10 Tonnen Achslast die Fahrbahn also nicht um das zwanzigfache, sondern – kaum zu glauben, aber wahr – um das 160.000-fache 120x20x20x20=160.000; siehe Infrastrukturschäden durch den Straßengüterverkehr https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/39816/
Busse stehen LKWs in Sachen Achslast nicht viel nach. Ein moderner Diesel-Solobus kommt auf Achslasten von 7,5 Tonnen (vorn) sowie 12,5 Tonnen (hinten), ein Gelenkbus auf den drei Achsen auf 7,5 Tonnen, 10 Tonnen und 13 Tonnen. Hinzu kommen zusätzliche Belastungen durch Beschleunigung, Bremsen und Abbiegen.
Straßen(abschnitte), bei denen eine hohe Belastung vorauszusehen ist, werden daher in der Regel aus Beton gebaut. Beton hält unter starker Beanspruchung länger durch, sodass Betonfahrbahnen drei bis vier mal so lange genutzt werden können.
In Wiesbaden sind daher viele Bushaltestellen mit Betonplatten gebaut. Auch einige stark belastete Straßen (wie die Busspur auf der Oranienstraße, die Rheingaustraße oder die Kreuzung Kasteler Straße/Breslauer Straße) sind daher in Betonbauweise errichtet.
Der Kern eines konsequent ausgebauten BRT-Systems besteht aus (a) einer dichten Taktfolge, (b) größeren Bussen und (c) einer durchgezogenen Bevorrechtigung. Ein zum BRT ausgebautes Bussystem stellt mit hohen Achslasten in hoher Frequenz besonders hohe Anforderungen an die Fahrbahn. Wenn die Busse dann (aufgrund ihrer Länge) auch noch spurgeführt werden, die Räder also immer dieselbe Stelle befahren, sind Betonfahrbahnen das Gebot der Stunde.
Fahrbahnen aus Asphalt müssten nicht nur drei- bis viermal so oft saniert werden, was sie teurer macht und durch die Baustellen unattraktiver für die Städte. Die sich bildenden Spurrillen senken drüber hinaus den Fahrkomfort und steigern den Fahrzeugverschleiß.
Bau- und Instandhaltungskosten
Während die Baukosten von Asphaltschichten niedriger sind als die von Betonfahrbahnen, müssen diese öfter erneuert werden. Aber auch Betonfahrbahnen müssen gewartet werden. Bei Betrachtung der Lebenszykluskosten für stark beanspruchte Straßen zeigt sich aber ein klarer Sieger.
Asphaltfahrbahn
- Erneuerung alle 7-10 Jahre
- Bau-/Sanierungskosten: 50 EUR/m²
Betonfahrbahn
- Erneuerung alle 30 Jahre
- Bau-/Sanierungskosten: 150 EUR/m²
- Instandhaltung (Fugenerhalt): 5 EUR/m²
- Instandhaltungsintervall (Kaltverguss): alle 15 Jahre
- 10% der Platten müssen vor Ablauf des Lebenszyklus getauscht werden
Beispielhaft sei mit diesen Richtwerten eine 1.000 Meter lange, vier Meter breite Fahrbahn durchgerechnet. Betrachtungszeitraum seien 30 Jahre.
Asphaltbauweise | |
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Lebensdauer | 7 Jahre |
Bau-/Instandhaltungs-zyklen | 4,29 |
Kosten pro Zyklus | 4.000m² x 50 EUR/m² = 200.000 EUR |
Gesamtkosten (30 Jahre) | 4,29 x 200.000 EUR = 857.000 EUR |
Betonbauweise | |
---|---|
Lebensdauer | 30 Jahre |
Bau-/Instandhaltungs-zyklen | 1 |
Kosten pro Zyklus | 4.000m² x 150 EUR/m² = 600.000 EUR |
Gesamtkosten der Zyklen | 1 x 600.000 EUR = 600.000 EUR |
Instandhaltungskosten (Fugen, alle 15 Jahre) | 2 Zyklen x 5 EUR/m² x 4.000 m² = 40.000 EUR |
Instandhaltungskosten (Fahrbahn, 10% der Platten) | 10% x 4.000 m² x 150 EUR/m² = 60.000 EUR |
Gesamtkosten (30 Jahre) | 700.000 EUR |
Baukosten Bus Rapid Transit (beschleunigtes Bus System)
Quellenlage
Die Datenlage über Baukosten dieser Infrastruktur ist international recht gut – auch dank einer Vielzahl BRT-Projekte vor allem in Asien und Südamerika in den letzten Jahrzehnten. Hier sind vor allem drei Quellen empfehlenswert:
- der Online BRT Planning Guide des New Yorker Institute for Transportation & Development Policy,
- die umfang- und datenreiche, brasilianische Global BRT Database mit Kennziffern von BRTs aus 172 aus Städten sowie
- das chilenische BRT+ Centre of Excellence.
In Deutschland selbst liegen nur wenige Zahlen vor. Klassische BRTs fahren hierzulande nicht, sodass bestenfalls Aussagen über BRT-ähnliche Trassenabschnitte möglich sind. Aber sie tauchen immer wieder als Vergleichsgröße bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von umfassenden Verkehrskonzepten auf. Auch in europäischen Nachbarländern finden sich hin und wieder Daten.
Im Detail geht aus den Zahlen aber nicht immer hervor, was sie genau beinhalten: Nur die Fahrbahn oder auch die Anpassungen beispielsweise der Ampelanlagen? Sind die Haltestellen inklusive oder on top? Ist die Ausführung mit Asphalt oder Beton, sind die Fahrspuren höhenfrei und beinhalten diese nur eine oder beide Fahrtrichtungen? Insofern empfiehlt sich eine gewisse Achtsamkeit beim Vergleich.
Ist-Zahlen aus Deutschland
Der BRT-Database folgend gibt es in Deutschland nur zwei Bustrassen, die BRT-ähnlich ausgebaut sind:
- die ÖPNV-Trasse Oberhausen. Sie ist 6,8 Kilometer lang und wurde teilweise auf der Trasse der stillgelegten Bahn der Hüttenwerke Oberhausen erreichtet. Auf ihr verkehren neben einer Straßenbahnlinie mehrere (Schnell-)Buslinien. Kosten der 1996 eröffneten Betonpiste: 15 Millionen Euro pro Kilometer.
Aktuelle Studien aus Deutschland
Quelle | Baukosten pro km | Jahr | Quelle |
---|---|---|---|
Stadt Regensburg | 14,0 Mio | 2017 | (Link) |
Verkehrsentwicklungsplan Erlangen | 8,0 Mio | 2013 | (Link) |
Mobilitätskonzept für einen nachhaltigen Öffentlichen Nah- und Regionalverkehr in Kiel | 5,4 Mio | 2019 | (Link) |
Alternativenuntersuchung im Rahmen des Mobilitätsleitbildes Wiesbaden | 8,5 Mio | 2019 | (Link) |
Baukosten in Europa
Stadt | Eröffnungsjahr | Baukosten pro Kilometer (Mio EUR)* | Bemerkungen |
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Caen | 2002 | 15,7 | Spurbus TVR “Twisto” |
Metz | 2013 | 11,9 | BRT “Mettis” |
Nancy | 2001 | 18,9 | Spurbus mechanisch |
Rouen | 2001/2002 | 8,7/9,3 | optischer Spurbus |
Castellón de la Plana | 2009 | 10,32 | Oberleitungs-Buslinie |
Istanbul | 2007 | 6,63 | Metrobus Istanbul |
Baukosten weltweit
Stadt | Eröffnungsjahr | Baukosten pro Kilometer (Mio EUR)* | Bemerkungen |
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Nagoya, Japan | 2001 | 51,9 | Yutorito Line |
Klang Valley, Malaysia | 2015 | 28,25 | BRT Sunway Line |
Buenos Aires, Argentinien | 2011 bis 2016 | 4,42 | Metrobus |
Brisbane, Australien | 2000 | 51,59 | South East Busway |
Hartford, CT, USA | 2015 | 33,4 | New Britain-Hartford Busway |
Chengdu, China | 2013 | 14,28 | Chengdu BRT |
Haifa, Israel | 2013 | 7,53 | Metronit |
- 120x20x20x20=160.000; siehe Infrastrukturschäden durch den Straßengüterverkehr https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/39816/